Metaplan® Story

Metaplan® -Methode: Am Anfang stand die Diskussion...

Danksagung

Dieser Artikel wurde inspiriert von Reiner Iblher, längjähriger Partner i.R. von der Metaplan GmbH in Quickborn. Er war der beste Metaplan® Lehrer , den ich haben konnte.  Das Denken wurde genährt von Wolfgang Schnelle (†), Gründer von Metaplan®. Er war mein Vorbild im organisationssoziologischen Denken.

Sein Sohn, Thomas Schnelle, war mein Erfolgsbeispiel in der Führung und Steuerung von Projekten.  Last but not least, danke ich Hansjörg Mauch, der mir zeigte, dass  Improvisation und Lockerheit genauso wichtig für den Projekterfolg sind, wie die Methodik selbst. Vermutlich habe ich durch ihn am meisten gelernt.

Martina Pulver, November 2006

Eine Moderationsmethode als Spiegel politischer Geschichte

Geboren als Kind  der 68er Generation, aufgewachsen im Konservatismus der 80er Jahre und erwachsen geworden in der Zeit der großen Umwälzungen: die Metaplan® -Methode ist ein Spiegelbild der deutschen Politik-Geschichte.

Schon immer hielten politische Strömungen direkten Einzug in die Kultur von Organisationen und Unternehmen. Und die Kommunikationskultur ist maßgeblicher Bestandteil der Unternehmenskultur. Ursprünglich für die Moderation von Gruppenkommunikation entwickelt, traf die Metaplan® -Methode deshalb von Beginn an auf die Auswirkungen, die politische und gesellschaftliche Veränderungen auf Organisationen haben.

Startschuss für die neue Freiheit

Die 70er Jahre waren bestimmt von der Rebellion gegen Herrschaftsstrukturen. Denker wie Foucault und Habermas wetterten gegen die Machtstrukturen in Gesellschaft und Unternehmen und philosophierten über Emanzipation des Einzelnen. Studenten und Soziologen eiferten dem Leitbild der „hierarchiefreien Kommunikation“ nach.

In dieser Zeit probierten ein kleines Team von Kommunikationsarchitekten, geführt von den Brüdern Schnelle aus Quickborn, den neuartigen Diskurs innerhalb von Unternehmen. Bürowände wurden niedergerissen, Großraumbüros entstanden. Sie sollten die Gruppendynamik und Diskussion fördern. Eine Art kommunikative „FengShui“Bewegung erfasste die Unternehmen.

Die Brüder Schnelle schafften es die Tagesordnung und den Vorsitzenden zu „entmachten“, um der gleichberechtigten Diskussion freien Lauf zu lassen. Es gab wenige, in der Gruppe akzeptierte Regeln – die bis heutige angewandten Metaplan®-Regeln:

Ein neutraler Moderator die Diskussion

  • Jeder Teilnehmer die Möglichkeit, auf Karten seinen Beitrag zu leisten  - jede Karte ist gleich groß und gleich wichtig. Alle Karten werden berücksichtigt und auf Pinwänden visualisiert.
  • Jeder darf zu einer Aussage beitragen: 30 Sekunden lang. Jeder darf viele Aussagen treffen.
  • Einwände werden durch  „Blitze“ auf den entsprechenden Karten versachlicht – von der Person des Kritikers getrennt.

Das müssen wir diskutieren! Dem Sitzungswahn der 70er folgt die Ernüchterung der 80er Jahre

Innerhalb von nur wenigen Jahren entwickelte sich in den Unternehmen eine wahre Sitzungstollwut. Alles wurde umfangreich diskutiert, oft drehten sich die Diskussionsteilnehmer ziellos im Kreis. Viele wurden des zwanghaften „Sich-Zusammensetzens“ überdrüssig.

Zudem wehte aus der Politik ein zunehmend konservativer Wind. Der Ruf nach einer regulierenden Hand wurde lauter, Hierarchien zogen wieder stärker in Unternehmen ein.

Für die Metaplan® -Methode bedeutete diese Entwicklung die Berücksichtigung reglementierender Elemente: Die Metaplaner forderten nun, dass die Diskussionsteilnehmer zuerst bestimmten, was sie mit dem Gespräch erreichen wollten. Anhand des Gesprächsziel und unter Berücksichtigung der zur Verfügung stehenden Zeit bereiteten die Metaplaner die Dramaturgie der anstehenden Gruppendiskussion vor:

  1. Die Diskussionszeit  wird in 4 Phasen eingeteilt:
    1. 1. Hinführung zum Thema (5 %) – Abholen oder Erwärmen der Teilnehmer
    2. 2.Exposition des Themas (10 %) – Alle auf den gleichen Stand bringen
    3. 3. Durcharbeiten der zu analysierenden Fragen (75%) – Problemanalyse und /oder Lösungserarbeitung
    4. 4. Ergebnissicherung (10 %) – Prüfung des Gruppenengagements und der Nachhaltigkeit
  2. Der Metaplan® Moderator erlebte ein neues Spannungsfeld: Auf der einen Seite die hierarchiefreie Diskussion, die Suche nach dem Konsens aller Beteiligten, auf der anderen Seite die Erreichung der Ziel-und Zeitvorgaben.  So musste er sich immer wieder selbst die Frage nach seiner Identität und Werthaltung stellen: Ist er noch neutral? Errreicht die Gruppe noch ihr eigenes Ergebnis ?

Effizienzsteigerung – Die Zeit des großen Umbruchs

Mit den drastischen Veränderungen in den 90er Jahren – Shareholder value statt soziales, langfristiges Denken, Fusionswut und damit verbundener Verlust von Identität, Karriere und Arbeitsplatz – wurde der Sinn und Zweck von Diskussionen allgemein angezweifelt. Auf der Suche nach Wachstum und Effizienz löste eine neue Leitidee die vorige ab: Aber alle waren sie mit Restrukturierung verbunden.

Doch dem Wandel standen extrem widerstandsfähige Strukturen innerhalb der Organisationen gegenüber. Nur dort, wo es wirschaftliche Krisen gab, gelang es einer starken Führungspersönlichkeit auch die Strukturen zu ändern.

Die Metaplan®-Methode machte in dieser Zeit den entscheidenden Schritt vom reinen Moderations- hin zu einem Berater-Tool. Die Gruppenkommunikation wurde genutzt, um den Blick der Beteiligten auf die starren Denkgebäude innerhalb ihrer Organisation zu schärfen. Denn erst auf die Erkenntnis kann nachhaltige Veränderung folgen.

  • Der Metaplan® Moderator wird gleichzeitig zum Berater
  • Intervention und Machtausübung in der Organisation wird als notwendiges Verhalten anerkannt, auch für den Moderator selber
  • Metaplan® Diskursmethoden werden entwickelt, um starre Denkgebäude aufzubrechen,  Verständigungsprozesse voranzubringen und dadurch neue Handlungsmöglichkeiten zu schaffen
  • Veränderungen werden als Prozesse mit einem zwar offenen aber nicht beliebigen Ergebnis konzipiert

Auf ins neue Jahrtausend: Metaplan® Plus …

Mit über 30 Jahren ist die Metaplan®-Methode „im besten Alter“. Viele Berater, Trainer und Manager hat sie inspiriert.  Die Metaplan®Regeln sind zwar immer noch Basis einer guten Kommunikation. Allerdings stoßen sie in einer globalen Welt auf Ihre Grenzen.

Heute muss eine Gruppendiskussion nicht nur dynamisch sein, sie muss sich auch in eine ökonomische Gleichung bringen lassen.  Moderation ist nur noch ein Instrument unter vielen.  Lernen und Ändern ist auch durch andere Impulse und Methoden möglich.

Wirksam ist die Kombination des Metaplan® Ansatzes mit betriebswirtschaftichen Instrumenten und systemischen Interventionstechniken. Eine Art Metaplan® Plus eben. Ob da noch etwas aus der ehemaligen Innovationswerkstatt in  Quickborn kommt? Es bleibt zu hoffen.